Möglichkeit der Aufhebung einer Nachbesicherung (Hypothek) in Spanien bei Benachteiligung der Konkursmasse

Published on 24 July 2015

Der Oberste Gerichtshof für Zivilsachen in Spanien („Tribunal Supremo“) hat in seiner Entscheidung vom 26. März 2015, Nr. 143/2015, die Möglichkeit der Aufhebung einer Hypothek im spanischen Konkursverfahren geprüft, die als Nachbesicherung für eine bereits bestehende Kreditlinie innerhalb von 2 Jahren vor dem Konkurseintritt bestellt wurde.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde

Im Jahre 2003 schloss die spanische Gesellschaft „Promociones Eurohaus, 2010, S.L.U.“ (im Folgenden „Eurohouse“ genannt) einen Kreditvertrag mit der (heute) Caixabank i.H.v. maximal 601.012,10 € für eine Laufzeit von rund sechs Monaten ab und verlängerte diese Kreditlinie im Anschluss jährlich. Im April 2008 wurde eine erneute Verlängerung vereinbart, diese aber gesichert durch die Eintragung einer Hypothek zu Gunsten der Caixabank. Ein Jahr später, im April 2009, kam es zu einer erneuten Verlängerung um ein weiteres Jahr, wiederum mit gleichzeitiger dinglicher Absicherung durch eine Hypothek. Kurze Zeit später wurde das besicherte Grundstück im Oktober 2009 an einen Dritten verkauft. Im März 2010 wurde dann der Konkurs über Eurohaus eröffnet.

Ein Gläubiger von Eurohaus klagte im Anschluss auf die Rückführung in die Konkursmasse und beantragte die Aufhebung der beiden in den Jahren 2008 und 2009 bestellten Hypotheken, weil diese innerhalb der 2 Jahre vor der Konkurseröffnung bestellt wurden und hierdurch eine Benachteiligung der Konkursmasse entstanden sei.

In den Vorinstanzen wurde die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass bei der Hypothekenbestellung kein Missbrauch nach Art. 10 des sog. Gesetzes zur Regulierung des Hypothekenmarktes („Ley de Regulación del Mercado Hipotecario“, kurz: LMH) nachgewiesen werden konnte. Hierzu hätte die Gläubigerin positive Kenntnis über die wirtschaftliche Situation des Schuldners zum Zeitpunkt der Hypothekenbestellung haben müssen und auch darüber, dass andere Gläubiger der Masse hierdurch benachteiligt werden können. Ein solcher Missbrauch sei nicht hinreichend belegt worden.

Der Revisionskläger führt hingegen aus, dass das Ziel der Bank darin bestanden hätte, durch die Hypothekenbestellung seine Gläubigerposition zu verbessern, ohne dass hierdurch neues Kapital („Fresh Money“) an den Konkursschuldner geflossen sei. Infolgedessen seien die Ausnahmeregelungen des LMV im vorliegenden Fall gar nicht anwendbar.

Die Entscheidungsgründe des Tribunal Supremo

Der Tribunal Supremo führt aus, dass Hypotheken laut Art. 10 LMH durch die Konkursverwaltung („administración concursal“) im Gegensatz zum Art. 71 des spanischen Konkursgesetzes („Ley Concursal“, kurz „LC“) nur dann nachträglich aufgehoben werden können, sofern das Vorhandensein des Missbrauchs durch die Gläubigerin zum Zeitpunkt der Bestellung der dinglichen Sicherheit nachgewiesen wird. Die Rechte eines gutgläubigen Dritten bleiben in jedem Fall unberührt.

Artikel 10 LMH stellt demnach eine Ausnahmeregelung von der allgemeinen Regelung einer rein konkursbedingten Aufhebung bzw. Anfechtung laut Artikel 71 LC dar, welche ebenso auf Hypotheken anwendbar ist, die zugunsten der in Art. 2 LMH genannten Institutionen bestellt worden sind (Banken, Sparkassen und andere Kreditanstalten). Dies setzt dann aber zwingend voraus, dass es sich bei den besicherten Forderungen auch um solche handelt, die nach Art. 5 LMH in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, wofür bspw. ein „Loan-To-Value Ratio“ (LTV) von allgemein nicht mehr als 60% bzw. nicht mehr als 80% vorliegen müsse, wenn es sich um Finanzierung von Bauprojekten oder den Erwerb von Wohnungen handelt. Es muss sich um Hypothekenforderungen handeln, die dem Kreditinstitut als Finanzierungsinstrument auf dem spanischen Hypothekenmarkt dienen, wie zum Beispiel durch die Ausstellung von Hypothekenpfandbriefen („cédulas hipotecarias“). Nur dann ist aus Gründen des Verkehrsschutzes des Hypothekenmarktes die Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung des Art. 10 LMH gerechtfertigt.

Der Tribunal Supremo rügt insoweit, dass das Instanz-Gericht die Spezialregelung des Art. 10 LMV anwendet, ohne dass die besagten weiteren Voraussetzungen zur Anwendbarkeit der LMV auf die im vorliegenden Fall bestellten Hypotheken in den Jahren 2008 und 2009 überhaupt dargelegt worden sind. Dementsprechend kommt vorliegend nur die allgemeine Regelung des Art. 71 LC zur Anwendung, ohne dass ergänzende Erfordernis des Art. 10 LMV, der den Nachweis eines missbräuchlichen Verhaltens des Gläubigers voraussetze.

Laut Art. 71 LC können solche Handlungen aufgehoben werden, welche die Konkursmasse beeinträchtigen und die innerhalb der 2 Jahre vor der Konkurseröffnung liegen, auch wenn keine Schädigungsabsicht der Masse bestand. Im Art. 71 Abs. 3 Nr. 2 LC wird wiederum eine gesetzliche Vermutungsregelung dahingehend aufgestellt, dass bestimmte Handlungen als schädigend für die Konkursmasse einzustufen sind, es sei denn, dass das Gegenteil bewiesen wird. Zu solchen Handlungen gehört nach Nr. 2 auch die Bestellung dinglicher Garantien für bereits bestehende oder aber neue Schulden zum Ersetzen der Alten, weil diese zur Verringerung der Masse führen und andere Gläubiger benachteiligen.

Eurohaus verfügte vorliegend bereits seit 2003 über die Kreditlinie. Um eruieren zu können, ob die Hypothekenbestellung mit Erneuerung der Kreditzusage eine bereits bestehende Verpflichtung ersetzte, muss zunächst festgestellt werden, wie hoch die seitens Eurohaus beanspruchte Kreditlinie vor der Erneuerung war. Diese Summe entspricht der bestehenden Verpflichtung gegenüber der Caixabank zum Zeitpunkt der Erneuerung der Kreditlinie.

Die Erweiterung des Kredits besteht wiederum in der Differenz zwischen der bereits in Anspruch genommenen Summe zum Zeitpunkt der Erneuerung der Kreditlinie und der maximal zur Verfügung stehenden Kreditlinie (hier bis zu 601.012,10 €). Wenn diese Differenz zudem bedeutsam war, dann würde die Erweiterung der Kreditlinie, zusammen mit der Verlängerung für ein weiteres Jahr, die Bestellung einer Hypothek ausnahmsweise rechtfertigen. Eine Rechtfertigung ist somit an eine wesentliche Erweiterung der Kreditlinie und an die Verlängerung der Verpflichtungen (neue Fristen, etc.) geknüpft. Für den Fall, dass keine wesentliche Erweiterung vorlag, müsste die Hypothek als nachteilig für die Masse betrachtet und ihre Aufhebung aufgrund der Anfechtung festgestellt werden.

Vorliegend bestand zum Zeitpunkt der Erneuerung (im April 2008) bereits ein in Anspruch genommener Kredit in Höhe von 556.569,90 €. Es kam somit zu einer Erweiterung der Kreditlinie von gerade einmal 44.442,20€, also weniger als 8%. Auch wenn die Erneuerung der Kreditlinie für ein weiteres Jahr eine Verlängerung des Zeitraums insgesamt bedeutet, so rechtfertigt diese Situation vorliegend nicht die Beeinträchtigung der Masse mittels einer Hypothekenbestellung. Die Vermutungsregelung des Art. 71 Absatz 3 Nr. 2 LC greift somit und konnte auch nicht hinreichend widerlegt werden. Gleiches gilt laut dem Tribunal Supremo für die Hypothekenbestellung im Jahre 2009.

Wirkungen der Anfechtung der Hypothek

Nach Art. 73 Absatz 1 LC wird durch das Urteil im Regelfall festgestellt, dass die angefochtene Hypothek unwirksam ist, mit der Folge, dass diese aus dem Grundbuch („Registro de Propiedad“) gelöscht wird, ohne hierdurch die Gültigkeit der gesicherten Forderung an sich zu beeinträchtigen. Der zuvor belastete Vermögensgegenstand fließt somit unbelastet wieder in die Konkursmasse zurück.

Für den Fall, dass die belastete Immobilie noch vor der Eröffnung des Konkurses veräußert wurde und die Hypothek deshalb nicht mehr aufgehoben bzw. mit der Löschung einer solchen Hypothek die Beeinträchtigung der Masse nicht mehr beseitigt werden kann, bewirkt das Urteil nicht die Löschung der Hypothek, sondern der entstandene Nachteil muss der Konkursmasse aktiv zurückgeführt werden. Das verkaufte Eigentum stellt keinen Teil der Konkursmasse mehr dar und kann auch nicht ex tunc durch das Urteil der Masse wieder zugeführt werden (Gutglaubensschutz des Erwerbers). In einem solchen Fall muss die damals Begünstigte (hier die Caixabank) einen Betrag an die Masse zurückerstatten, welcher der Deckungssumme der bestellten Sicherheit entsprach.

Vorliegend hatte Eurohaus zum Zeitpunkt der Erneuerung der Kreditlinie bereits einen Betrag i.H.v. 556.569,90 Euro in Anspruch genommen, der dann nachträglich durch die Hypothek gesichert wurde. Der Tibunal Supremo sieht in dieser Höhe die entstandene Masse-Benachteiligung, mit der Folge, dass die Caixabank dazu verurteilt wird, diese Summe an die Masse zurückzuführen.